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Selma - In Sehnsucht eingehüllt / HR

14.02.2006 | Thomas D von der deutschen Spaßband "Die Fantastischen Vier". Ein Rapper mit eingängigen Texten. Laut und lebensfroh. Doch jetzt geht der quirlige Sänger einen ganz anderen Weg. Sein neues Projekt - poetische Texte, leise und eindringlich: Gedichte des KZ-Opfers Selma Meerbaum-Eisinger.

Gerade wurde die CD "Selma" für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik nominiert.
Thomas D ist einer von zwölf deutschen Sängern, die die Gedichte der jungen Jüdin Selma Meerbaum Eisinger vertont haben. Für ihn eine Herzensangelegenheit.

Thomas D.: "Macht es Sinn, braucht mich dieses Stück? Braucht mich dieser Künstler, dieses Projekt? Oder für was? Fürs Geld brauche ich es nicht machen. Deshalb war es bei Selma ziemlich schnell klar. Die Gedichte von ihr, die Lyrik, ihre Art, ihre teilweise naive, unschuldige Art ihre Gefühle auszudrücken und über das Leben zu schreiben ist sehr berührend finde ich. Das hat mich direkt angesprochen. Und dann dachte ich, das Stück braucht mich, und ich kann was dazu beitragen, diese Platte schön zu machen."

Selma Meerbaum Eisinger. Ein jüdisches Mädchen aus Czernowitz, das mit 15 Jahren anfing Gedichte zu schreiben. Eine Rumänin, die in deutscher Sprache schrieb, die sie liebte. Denn in der Bukowina, dem Schmelztiegel osteuropäischer Kultur, sprach man damals neben rumänisch viele andere Sprachen. Selma war die Tochter eines Ladenbesitzers, wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. In Czernowitz, der Hauptstadt der Bukowina, lebten damals 140000 Einwohner. Fast die Hälfte davon Juden.

Selma war ausgelassen und lebensfroh, ein Mädchen, das gern ausging und tanzte. Doch dann bricht der Zweite Weltkrieg aus. Die Verfolgung der Juden beginnt auch in der Bukowina. Selma wird in ein deutsches Arbeitslager in der Ukraine deportiert. Sie stirbt, gerade mal 18 Jahre alt, an Typhus. Übrig geblieben ist ein Band mit 57 Gedichten, der von Leidensgefährten auf abenteuerliche Weise gerettet wurden.

60 Jahre später entdeckt der Schweizer Musiker David Klein diese Gedichte. Und ist sofort fasziniert. Fünf Jahre lang beschäftigen ihn und die Musiker vom "World Quintett" das Projekt, Selmas Gedichte mit deutschen Popgrößen zu vertonen.

Thomas D.: "Das Tolle bei Selma ist, dass ihr Leben, ihre Lebensfreude und der Ausdruck ihrer Lebendigkeit - der ist in diesen Gedichten. Das heißt, sie lebt nach wie vor in diesen Gedichten. Und was sie uns hinterlassen hat, ist Lebensfreude und ist das Gefühl am Leben zu sein, wie es quasi die Jugend noch am meisten hat."

Thomas D auf seinem Hof in der Eifel. Hier hat er sich mit dem Leben und den Gedichten von Selma auseinander gesetzt. Und hierher hat er auch die Musiker vom World Quintett eingeladen, um Selmas Gedicht zu vertonen. Eine Arbeit, die dem Rapper einiges abverlangte. Vertonte Lyrik. Die Gedichte von Selma Meerbaum-Eisinger sind erstaunliche Texte eines jungen Mädchens, über Liebe und das Glück, über Tod, Trauer, über Sehnsucht und Hoffnung. Texte, die wirken, als seien sie heute geschrieben. Jetzt erobern Selmas Liebesgedichte die Popcharts - großartig, dass das Mädchen aus Czernowitz wenigstens auf diese Weise noch lange in Erinnerung bleibt.

Carola Wittrock

http://www.hr-online.de/website/rubriken/kultur/index.jsp?rubrik=9560&key=standard_document_18512864


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